Forschung

Die Pädagogik der Kinder- und Jugendarbeit

  • Umfang: 326 Seiten
  • Autoren*innen: Cloos, Peter; Köngeter, Stefan; Müller, Burkhard; Thole, Werner
  • Buch (Sammelwerk)
  • Springer VS, Wiesbaden, 2009, 2., durchgesehene Auflage
Diese Publikation ist gebührenpflichtig beim Verlag erhältlich.

Abstract

Ein grundlegendes Werk für die Kinder- und Jugendarbeit: die Autoren präsentieren Ergebnisse einer umfassenden ethnografischen Forschungsstudie mit dem Ziel, „die Eigenart der einrichtungsbezogenen Kinder- und Jugendarbeit in Jugendhäusern, Jugendzentren und Häusern der Offenen Tür als pädagogisches, institutionelles Handlungsfeld der non-formalen Bildung empirisch dicht zu beschreiben.“ (S.9) Im Fokus steht die Kinder- und Jugendarbeit als pädagogisches Handlungsfeld, genauer formuliert die Konstitutionsbedingungen und Performanz sozialpädagogischen Handelns in der Kinder- und Jugendarbeit und wie Professionelle und Adressat*innen dieses Feld gemeinsam konstituieren.
Kinder- und Jugendarbeit – so ein zentrales Ergebnis des Forschungsprojektes – kann als Handeln in einer sozialpädagogischen Arena beschrieben werden: „[...] die sozialpädagogische Arena bezeichnet eine spezifische, für die Kinder- und Jugendarbeit konstitutive Struktur des sozialen Raums, dessen performative Herstellung permanent zu beobachten ist.“ (S.15) Die spezifische Performativität der Kinder- und Jugendarbeit findet unter den Bedingungen von diskontinuierlicher Teilnahme statt, ist geprägt durch die verschiedenen Formen des alltäglichen und situationsbezogenen Sich-in-Szene-Setzens, des Zuschauens und Beobachtens, der Raumaneignung, des Erzählens und Zuhörens; von der Gleichzeitigkeit und dem schnellen Wechsel dezentrierter und zentrierter Interaktion; durch Spiele und Wettkämpfe unter Jugendlichen und zwischen Jugendlichen und Erwachsenen, die immer auch symbolisch für reale Auseinandersetzungen um Anerkennung stehen.
Als sozialer Raum konstituiert sich die sozialpädagogische Arena in einem Prozess der Herstellung von Zugehörigkeit, wobei diese als Bedingung für die Etablierung einer Arbeitsbeziehung immer wieder neu hergestellt werden muss und mit einem hohen Anspruch an Engagement und Sensibilität für die Fachkräfte einhergeht, um Praktiken der Übergangsgestaltung in pädagogische Kommunikationsschemata zu ermöglichen. Die materielle und räumliche Ausstattung einer Einrichtung erweist sich als Vorhalteleistung und Dispositiv für die Herstellung einer differenzierten Zugehörigkeit zur Kinder- und Jugendarbeit.
Jugendarbeiter*innen agieren in einem Spannungsfeld aus Alltäglichkeit und Professionalität. Nichtsdestotrotz gibt es übergreifende, latente Handlungsmuster, welche das Arbeitsfeld kennzeichnen. Die Autoren haben im Rahmen der Studienergebnisse drei für professionelles Handeln in der Kinder- und Jugendarbeit konstitutive, teilweise durchaus paradoxe Regeln für professionelles Handeln formuliert:

  • die Mitmachregel: mache mit und habe Spaß dabei; verhalte Dich so, als wärst Du Teilnehmer*in; stelle aber auch glaubhaft dar, dass Du ein Anderer bist;
  • die Sparsamkeitsregel: grundlegend wichtig ist die latente Beibehaltung des Alltagsrahmens, dies wird durch einen nur sparsamen Einsatz offensichtlich pädagogischer Kommunikationsmuster und Aktionen ermöglicht, so dass pädagogische Modulationen ein zentrales Merkmal professionellen Handelns in der Kinder- und Jugendarbeit darstellen;
  • die Sichtbarkeitsregel: „Mache dich und deine persönlichen Einstellungen erkennbar, beziehungsweise sichtbar, aber lasse gleichzeitig zu, dass die Jugendlichen ihrerseits ihre Einstellungen - auch die aggressiven und negativen - sichtbar machen können, ohne dass dadurch die wechselseitigen Anerkennungssverhältnisse in Frage gestellt werden.“ (S.22)


Weitere professionstheoretische Überlegungen zu Arbeitsbeziehungen ergeben die Folgerung: „Für die Entwicklung tragfähiger Arbeitsbeziehungen in der Kinder- und Jugendarbeit zeigt sich dabei der Handlungstypus der ‚Anderen unter Gleichen‘ als maßgeblich.“ (S.24) Die Handlungsfelder der Kinder- und Jugendarbeit „sind nicht nur deswegen als ein Bildungsfeld anzusehen, weil hier zuweilen deutlich ausgewiesene Bildungsangebote jenseits der Schule stattfinden, sondern vornehmlich weil sie Orte und Beziehungen anbieten, welche den Alltag freizeitkultureller Aktivitäten von Kindern und Jugendlichen selbst anreichern, auch weil in diesen Alltag eingewoben vielfältige Gelegenheiten der Ermöglichung von Bildungsprozessen bereitstehen.“ (S.51)
Auf 50 Seiten werden zu Beginn des Bandes die zentralen Ergebnisse, der theoretische Rahmen der Studie inklusive offenen Forschungsfragen und weitergehenden Überlegungen zu ethnografischer Forschung vorgestellt. Die einzelnen Themen der Studie werden anschließend anhand umfangreichem Forschungsmaterial vertieft.

Eine Kurzfassung der Ergebnisse der Studie findet sich auch im Beitrag von Peter Cloos und Stefan Köngeter mit dem Titel „Was tun die Pädagog*innen? Muster pädagogischen Handels im Alltag der Offenen Kinder- und Jugendarbeit“ im Handbuch Offene Kinder- und Jugendarbeit, Wiesbaden 2021.

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