Forschung

Was tun die Pädagog*innen? //Muster pädagogischen Handelns im Alltag der Offenen Kinder- und Jugendarbeit

  • Umfang: 11 Seiten
  • Autor*in: Peter Cloos, Stefan Köngeter
  • Erschienen in: Deinet, Sturzenhecker, von Schwanenflügel, Schwerthelm (Hg.): Handbuch Offene Kinder- und Jugendarbeit 2021, S. 175-186
  • Springer VS, Wiesbaden, 2021
Dieser Beitrag ist kostenpflichtig beim Verlag erhältlich.

Abstract

In diesem Beitrag werden in einer Kurzfassung Erkenntnisse einer Studie mit ethnografischem Forschungsansatz zu den Konstitutionsbedingungen der Pädagogik in der Kinder- und Jugendarbeit dargelegt (siehe auch: Cloos, Köngeter, Müller, Thole: Die Pädagogik der Kinder- und Jugendarbeit. Wiesbaden 2009). Der Beitrag zeigt, wie mit professionellem Handeln gerade im Alltagsgeschäft der Kinder- und Jugendarbeit ein Überschuss an Bildungsgelegenheiten für Jugendliche produziert wird.

Der Handlungsraum der Jugendarbeit wird als sozialpädagogische Arena beschrieben: er wird in jeder Situation performativ hergestellt und unterliegt der Aushandlung, ist Raum der Inszenierung, Ort für Wettkämpfe und Spiele, Anerkennung, Zugehörigkeit und Abgrenzung. Wie lässt sich professionelles Handeln in einem freien, offen Arbeitsfeld, welches für die Adressat*inen ein Freizeitbereich darstellt und von Alltagskommunikation und und Alltagspraktiken geprägt ist, realisieren?
Drei professionelle Platzierungspraktiken werden beschrieben: „Umherschweifen“ zur situativen Kontaktaufnahme; „Sich (präsent) zeigen“ als Angelpunkt für pädagogische Situationen und „Sich separieren und Gravitation erzeugen“ durch Verteilung der Kommunikation auf verschiedene Orte oder dem gezielten Rückzug in einen anderen Raum und Erzeugung von Gravitation. Hilfs- und Beratungsangebote stehen hier hinter der Alltagskommunikation. Die Spannung zwischen Alltäglichkeit und Professionalität ist ein Merkmal professionellen Handelns in der Jugendarbeit. Die Bereithaltung von Übergangsgelegenheiten – von einem Angebot zum anderen, von einem Ort zum anderen, vom Tischkicker in den Mädchenraum – in der Offenen Kinder- und Jugendarbeit stellt dabei einen sogenannten Überschuss an Gelegenheiten und Ressourcen dar.
Die Autoren führen drei elementare, für Professionalität konstitutive Handlungsregeln auf, welche hohe Handlungskompetenz erfordern, da sie paradoxal angelegt sind:

  • die Mitmachregel: mache mit und habe Spaß dabei; verhalte Dich so, als wärst Du Teilnehmer*in; stelle glaubhaft dar, dass Du ein Anderer bist;
  • die Sparsamkeitsregel: grundlegend wichtig ist die latente Beibehaltung des Alltagsrahmens, dies wird durch einen nur sparsamen Einsatz offensichtlich pädagogischer Kommunikationsmuster und Aktionen ermöglicht;
  • die Sichtbarkeitsregel: „Mache dich und deine persönlichen Einstellungen erkennbar, beziehungsweise sichtbar, aber lasse gleichzeitig zu, dass die Jugendlichen ihrerseits ihre Einstellungen - auch die aggressiven und negativen - sichtbar machen können, ohne dass dadurch die wechselseitigen Anerkennungssverhältnisse in Frage gestellt werden.“ (S.184)

Fachkräfte können für ihr Wirken in der Jugendarbeit notwendige Anerkennung nie als rollenförmige Vorgabe erwarten, diese muss selbst gewonnen werden. In Differenz zu anderen pädagogischen Handlungsfeldern, in denen Diffusität in den Beziehungen und die Modulation zwischen Alltags- und professionellem Kommunikationsmustern weniger eine Rolle spielen, gilt für die Offene Kinder- und Jugendarbeit der Handlungstypus „Anderer unter Gleichen“.

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