Theorie

„Wir machen ihnen ein Angebot, das sie ablehnen können“

Strukturbedingungen der Kinder- und Jugendarbeit und ihre Funktionalität für Bildung

  • Umfang: 12 Seiten
  • Autor*in: Sturzenhecker, Benedikt
  • Erschienen in: Lindner, Werner (Hg.): 1964 – 2004: Vierzig Jahre Kinder- und Jugendarbeit in Deutschland. Aufbruch, Aufstieg und neue Ungewissheit, S. 179–192
  • Springer VS, Wiesbaden, 2006
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Abstract

Benedikt Sturzenhecker leitet in diesem Beitrag Funktionen von Jugendarbeit aus einer Analyse ihrer Strukturcharakteristika ab: Freiwilligkeit der Teilnahme, Offenheit in Bezug auf die Ziele der Organisation, in Bezug auf Inhalte, Arbeitsweisen und bezüglich der Adressat*innen, das weitgehende Fehlen formaler Machtmittel und Diskursivität. Jugendarbeit ist „pädagogisch organisierte Anarchie“ (S.182) zum einen durch ihre Offenheit, Arbeitsweise und „fluktuierender Partizipation“ in der Teilnahme. Eine Institution pädagogisch organisierter Anarchie verlangt von den Teilnehmenden Flexibilität, Eigenaktivität im Sinne von „Selbstintegration“, beständige Orientierung und Aneignung, Differenz- und Unsicherheitstoleranz, Reflexivität; sie verlangt die Kompetenz des „Aushandelns, Entscheidens und Revidierens“, die Kompetenzen zur Kommunikation und zum Aufbau von sozialen Strukturen. „Fasst man die ausgewählten Kompetenzen zu ‚erfolgreichem‘ Handeln im institutionellen Feld der Jugendarbeit zusammen, lässt sich erkennen, dass hier die Fähigkeiten einer eigenverantwortlichen und flexiblen Persönlichkeit einerseits und des demokratischen Staatsbürgers andererseits durch die Strukturbedingungen der Institution gefördert werden.“ (S.186)
Die Strukturbedingungen der Jugendarbeit ermöglichen eine bildende Institution, die die größtmögliche Erfahrung von mitverantwortlicher Selbstbestimmung eröffnet, indem sie so freiheitlich wie möglich und so gerahmt wie nötig gestaltet ist. „Je näher eine pädagogische Arbeit an die Lebenswelt herankommen will, desto offener muss sie sein.“ (S.188) Diskursivität ermöglicht Verständigungsarbeit, das „Technologiedefizit“ mithin die Entwicklung selbstbestimmter Motive, Ziele und Vorhaben. Die Strukturcharakteristika ermöglichen damit grundlegend, ganz abgesehen von der pädagogischen Arbeit, durch das hohe Maß an mitverantwortlicher Selbstbestimmung ein enormes Bildungspotential. Jugendarbeit legitimiert sich dadurch als eigenständige Bildungsinstitution.

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